Korruptionsbekämpfung in der EU
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Anhang

Korruptionsbekämpfungsbericht der EU-Kommission

Von Dr. Wolfgang Wegener

Mutterseelenallein

"Deutschland belegt, was die Korruptionsbekämpfung anbelangt, international einen der oberen Ränge und wird als eines der Länder wahrgenommen, die beständig Bestleistungen erbringen.", so die EU-Kommision in ihrem am 3. Februar vorgestellten EU-Korruptionsbericht. So sei ein Viertel der Europäer (26 %) der Ansicht, dass sie in ihrem Alltag persönlich von Korruption betroffen sind. Am ehesten tendierten die Befragten in Spanien und Griechenland (jeweils 63 %) zu dieser Einschätzung, am seltensten die Befragten in Dänemark (3 %), Frankreich und Deutschland (jeweils 6 %).

Bezogen auf die Strafbarkeit von Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern i. S. des StGB § 11 Nr. 2 (u. a. Beamte, Richter, Personen im öffentlichen Dienst, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen) trifft dies ohne Zweifel zu. Kaum jemand kommt in Deutschland auf die Idee, ein Knöllchen, die Einleitung eines Strafverfahrens, geschweige denn eine Verurteilung vor Gericht durch Zahlung eines Bestechungsgeldes abwenden zu wollen. In anderen Ländern sieht das anders aus.

Es verdient allerdings angemerkt zu werden, dass es zum Komplex der politischen Korruption auch harsche Kritik setzt. So heißt es im Anhang 5, der sich mit Deutschland beschäftigt: "Obwohl Deutschland Gründungsmitglied der GRECO (Europarats-Gruppe der Staaten gegen Korruption, d. Verf.) ist und die beiden Übereinkommen des Europarats zur Korruptionsbekämpfung unterzeichnet hat, gehört es zu den wenigen Ländern, die dieses Übereinkommen oder das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC) nicht ratifiziert haben."

Das ist noch milde formuliert. Beide angesprochenen Abkommen wurden von allen 28 EU-Mitgliedsstaaten von Belgien bis Zypern unterzeichnet. Nachdem Österreich das europäische Abkommen im Januar 2014 und Tschechien UNCAC im November 2013 ratifiziert hat, steht Deutschland in der EU mittlerweile sogar mutterseelenallein da [1, 2].

Warum ist dies so? Dazu heißt in Anlage 5: "Bestechung und Bestechlichkeit sind zwar Straftatbestände, aber die strafrechtliche Verantwortung gewählter Volksvertreter beschränkt sich auf den Kauf und den Verkauf von Stimmen. Für Bestechung oder Bestechlichkeit in anderer Form werden sie strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen. Dies ist einer der Hauptgründe, warum Deutschland das Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption nicht ratifiziert hat. Angeführt wird in diesem Zusammenhang unter anderem die freie Ausübung des Mandats, die durch Artikel 38 Grundgesetz geschützt ist...Ein gutes Beispiel für eine solche Kriminalisierungslücke ist die Einflussnahme von Abgeordneten oder Mitgliedern kommunaler Vertretungskörperschaften, die keine Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, mit dem Ziel, unerlaubt Vorteile für sich selbst oder Dritte zu erlangen. Ein solches Verhalten dieser Personengruppe ist derzeit nicht strafbar. In Deutschland gibt es eine hohe Anzahl von gewählten Amtsträgern, die per se für Bestechungsdelikte strafrechtlich nicht zu Verantwortung gezogen werden können."

Zur erforderlichen Verschärfung des einschlägigen § 108 e StGB heißt es nun im Koalitionsvertrag (p. 152): "Wir werden die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln". Nachdem die rot-grünen Regierungen, die darauf folgende große Koalition und dann die schwarz-gelbe Koalition bisher untätig blieben, bleibt das abzuwarten. Auch stellt sich die Frage nach der Art dieser Neuregelung: Meiner Auffassung nach sollten die etwa 220 000 gewählten Politiker im Bund, Ländern und Kommunen hinsichtlich ihrer strafrechtlichen Verantwortung Amtsträgern i. S. des § 11 Nr. 2 StGB gleichgestellt werden.

Quellen
[1] UN-Abkommen gegen Korruption (UNCAC) - Stand der Ratifizierung
[2] Strafrechtsübereinkommen des Europarats - Stand der Ratifizierung

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