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Krankenhäuser

Privatisierung der Krankenhäuser des Landkreises Osterode am Harz

Von Dr. Wolfgang Wegener, Kreistagsabgeordneter (FWG)

Vorbemerkung

Die Verkaufsentscheidung des Kreistages ist aus drei Gründen kein Fall fürs Archiv. Nach wie vor hat der Landkreis Osterode den gesetzlichen Auftrag, die Krankenhausversorgung der Kreis-Einwohner sicherzustellen - durch wen auch immer (allerdings hoffe ich zuversichtlich, dass der Rückfall der Krankenhäuser an den Landkreis eine hypothetische Möglichkeit bleibt). Von allgemeinerem Interesse dürfte es zweitens sein, wie diese Entscheidung konkret durchgesetzt wurde - immerhin verlor die Stadt Osterode am Harz als Kreisstadt ihr Krankenhaus, es waren erhebliche Widerstände in der Bevölkerung zu überwinden, es handelte sich bei der Privatisierung der Kreiskrankenhäuser um die wichtigste und meistdiskutierteste Entscheidung der Wahlperiode 1996-2001. Ich vergleiche Wahlaussagen und konkretes Tun, gebe Handlungsempfehlungen für vergleichbar schwierige Entscheidungen und stelle am Beispiel von Pressemitteilungen, Leserbriefen und Redemanuskripten zu diesem Thema dar, wie es zu dieser Entscheidung kam. Und drittens sind diese Seiten ja vielleicht auch niedersachsen- und bundesweit für Verantwortliche in anderen Landkreises von Interesse, die derzeit über eine Privatisierung ihrer Kreiskrankenhäuser nachdenken.

"Die Fehler der Vergangenheit können wir nicht mehr aufarbeiten", stellte ich im Krankenhaus-Ausschuss des Kreistages am 5. 2. 1998 fest, "wir müssen eine Perspektive für die Zukunft aufzeigen". Mit der Verkaufsentscheidung geht "eine jahrelange Zeit des Misstrauens, des Abbaues, und des Lokalpatriotismus zuende", hieß es in meiner Rede vom16. 2. 1998 im Kreistag.

Heute steht fest:

  • Der private Käufer hat Know-how aus dem Betrieb von 21 Kliniken in sechs Bundesländern (Stand: Oktober 2000)
  • Die Mitarbeiter haben auch beim Privaten die Zusatzversorgung VBL - das Hauptproblem beim Verkauf wurde damit im Sinne der Mitarbeiter gelöst
  • Der Verkaufserlös wurde vollständig zur Schuldentilgung verwendet, die Einsparungen beim Schuldendienst trugen maßgeblich zur Senkung der Kreisumlage um 3,5 Prozentpunkte 1999 bei. Der Verkaufserlös diente nicht der Konsolidierung des damals defizitären, 2001 ausgeglichenen Kreishaushaltes.
  • Der Verkauf löste privat finanzierte Investitionen von mehr als 20 Millionen Mark nur in die Bausubstanz aus, praktisch unmittelbar nach dem Verkauf wurde ein CT angeschafft

Viel Spaß beim Lesen dieses Schwerpunktes!

Krankenhausverkauf - Die Inhaltsübersicht

Die Versorgung der Kreis-Einwohner mit der bestmöglichen Krankenhausversorgung war im Kommunalwahlkampf 1996 das Top-Thema: Absehbar war nämlich, dass das Osteroder Krankenhaus in höchster Gefahr war und Osterode damit die erste Kreisstadt in Niedersachsen ohne eigenes Krankenhaus werden würde. Es wurde diskutiert, das Osteroder Krankenhaus zu schließen und dafür in Herzberg per Anbau ein Zentral-Krankenhaus zu errichten. Eine BI in Osterode (27 000 Einwohner) sammelte damals über 10 000 Unterschriften für den Erhalt des Osteroder Krankenhauses.

Die Wählergemeinschaft, zu der ich drei Monate vor der Wahl gestoßen war und für ich dann auch (erfolgreich) kandidierte, verfügte über nur ein (knapp errungenes) Mandat im Kreistag (bei der Wahl 1996 kamen 84% der Stimmen aus der Kreisstadt). Für wohl keine zweite politische Gruppierung im Kreistag war die Aufgabe, sich auf später auch einhaltbare Wahlaussagen zu einigen, anspruchsvoller. 500 Mitarbeiter in den Kreiskrankenhäusern, die sich natürlich Sorgen machten, eine Lohn- und Gehaltssumme von über 40 Millionen Mark jährlich, viel stand auf dem Spiel. Als Spitzenkandidat in dem mit Abstand aussichtsreicheren der beiden Osteroder Wahlbezirke hatte ich unsere Wahlaussagen verfasst ("Möglichst wohnortnahe Krankenhausversorgung zu wirtschaftlichen Bedingungen" vom 26. 8. 1996), welche nach einigen Diskussionen dann auch so verabschiedet wurden. Knackpunkt dabei war, dass die Erhaltung des Osteroder Krankenhauses unter einen ausdrücklichen Finanzierungs- und Wirtschaftlichkeits-Vorbehalt gestellt wurde. ("Unter diesen Bedingungen sehen wir gute Chancen für einen Erhalt des Standortes Osterode"). Das war etwas anderes als etwa die Formulierung "Erhalt ohne Wenn und Aber".

Die restlichen Wahlaussagen dagegen stellten keinen Diskussionsstoff dar. Wir wollten die Krankenhausversorgung optimieren, wir wollten uns insbesondere die Wirtschaftlichkeit eines Anbaues vorrechnen lassen, eines unserer Hauptziele lautete: Transparenz schaffen!

Nach der Wahl ging ich als einzelmandatierter (Oppositions) Abgeordneter am 24. 2. 1997 in meiner ersten "knackigen" Kreistagsrede (Kostenprobleme der Krankenhäuser des Landkreises Osterode) zum Etat 1997 ausführlich auf die Krankenhaus-Thematik ein.

Auf Basis einer gründlichen Analyse der Problematik vom 13. 3. 1997 ("Strukturverbesserung der Osteroder Kreiskrankenhäuser") stimmte ich am 30. 4. 1997 im Kreistag der Abgabe der Chirurgie von Osterode nach Herzberg zu, beantragte aber den Erhalt des Kreiskrankenhauses Osterode als Fachklinik für Inneres mit 104 Planbetten. Beschlossen wurden 70 "innere" Planbetten und ein Gutachten, welches die Chancen einer Privatisierung ausloten sollte. (Ob die von mir vorgeschlagene Lösung funktioniert hätte, wird man im übrigen nie genau wissen - sie wurde ja nicht realisiert - es gab aber damals selbst bei den Befürwortern dieser Lösung (ich war da keineswegs allein) Zweifel, ob es für diese Optimierung nicht bereits schon zu spät war. Aus meiner Sicht zumindest war es der maximal mögliche Vorschlag zur Erhaltung des Krankenhauses Osterode, und er musste diskutiert und begründet zur Abstimmung gestellt werden). 70 Planbetten waren für den Erhalt des Osteroder Hauses zu wenig: Ab dem 30. 4. 1997, 11 Uhr 41 - dem Ende dieser Kreistagssitzung - trat ich vehement für den Verkauf beider Kreiskrankenhäuser ein.

Auf einer Podiumsdiskussion im Januar 1998 in Herzberg vor gut 200 Mitarbeitern der Kreiskrankenhäuser, zu der die ÖTV und die DAG Vertreter aller im Kreistag vertretenen politischen Richtungen eingeladen hatte, plädierte ich für den "sofortigen" Verkauf beider Kreis-Krankenhäuser - andere gaben Beratungsbedarf zu Protokoll bzw. setzten sich in eitler Geschwätzigkeit für Lösungen ein, die sie früher selbst öffentlich und zu Recht als "Plattheiten" anderer bezeichnet hatten (und blieben dann auch bis zum Schluss bei diesen Vorschlägen). Das Publikum war durchsetzt mit Vertretern alle Parteien. Ich sah es als einzelmandatierter Abgeordneter als meine Aufgabe an, mittels glasklarer Aussgen möglichst viele schwere Steine ins Wasser zu werfen - schließlich war ich der einzige auf dem Podium, der sich nicht mt anderen abstimmen musste.. Bis auf einen aggressiven und fachunkundigen Vertreter der Osteroder BI, der nicht mit persönlichen Angriffen auf die Verwaltungsleitung sparte, war die Veranstaltung überaus angenehm, das Publikum war fachkundig und schien Wahrheit und Klarheit zu goutierten.

Am Ende der Entwicklung stand der Beschluss des Kreistages vom 16. 2. 1998, beide Kreiskrankenhäuser an einen privaten Investor zu verkaufen (genauer: der Verwaltung den Auftrag zu geben, Verkaufsverhandlungen bei Einhaltung definierter Mindestbedingungen unterschriftsreif zu konkretisieren - es gab ja mehrere Interessenten). Dieser Investor errichtet nun mit privatem Geld auf eigenes Risiko den Anbau in Herzberg und setzt ein neues Konzept für eine Krankenhausversorgung im ländlichen Raum mit neuen Arbeitsabläufen um. "Ich freue mich auf den Zeitpunkt, an dem diese Leute bei uns einrücken und ihre Vorstellungen umsetzen", hieß es in meiner Kreistagsrede vom 16. 2. 1998 zum Verkauf der Krankenhäuser des Landkreises Osterode (in der auch zahlreiche Fakten zur Gesundheitsversorgung in der Bundesrepublik aufgezählt werden und das Kaufangebot einer kleinen Osteroder Gruppe gründlich analysiert wird - dieses wurde wenig später zurückgezogen), "der Verkauf an einen großen Investor ist der Königsweg": Ich habe in dieser Rede begründet argumentiert, dass es zu diesem Verkauf keine vernünftige Alternative gab. Rhön-Kliniken -der spätere Erwerber - haben die Erfahrung, das Kapital und vor allem das Know-How, um im Landkreis Osterode "die beste Krankenhaus-Versorgung sicherzustellen, die wir je hatten", so ein Leserbrief zur öffentlichen Finanzierung der Investitionskosten privater Krankenhäuser vom 18. 5. 1998, in dem ich insbesondere Kritik zurückwies, die Krankenhäuser seien unter Wert verkauft ("verschleudert") worden (der von der Podiumsdiskussion bekannte fachunkundige Vertreter der Osteroder BI hatte wieder mal öffentlich "zugeschlagen"), und die Konsequenz aufzeigte - die Schließung des Osteroder Krankenhauses.

Die öffentlichen Diskussionen sind seitdem beendet, und auch die letztlich vollzogene Schließung erfolgte ohne jede weitere öffentliche Diskussion. In einem Bericht zur Schließung des Osteroder Krankenhauses vom 19. 6. 2002 gehe ich insbesondere auf die Geschichte der Jahrzehnte währenden Diskussion über die Neuordnung des Krankenhauswesen im Landkreis Osterode ein.

Angesichts der hohen Qualität der Krankenhausversorgung, die das ausgebaute, modernste Herzberger Haus heute hat, fühle ich mich mit meinen positiven Erwartungen aus der Kreistagsrede vom 16. 2. 1998 mehr als bestätigt. Dies auch deswegen, weil sich mittlerweile die finanziellen Spielräume des Landkreises Osterde dramatisch verengt haben. Die Entscheidung, beide Kreis-Krankenhäuser zu verkaufen, war aus meiner Sicht sachgerecht - tatsächlich standen beide Krankenhäuser und damit die gesamte Krankenhausversorgung im Landkreis Osterode auf dem Spiel , sie fiel fast einstimmig. Mit doch ein wenig Stolz möchte ich drei Schlussbemerkungen machen.

  • Zur Verkaufs-Entscheidung des Kreistages vom 16. 2. 1998, die den Schlusspunkt setzte, schrieb ein Kommentator im Harzkurier am 17. 2. 1998 unter dem Titel "Schnee von gestern": "In seltener Einmütigkeit und mit vollster Überzeugungskraft haben SPD, CDU, FDP und die Freie Wählergemeinschaft gestern im Kreistag dem Verkauf der beiden Kreiskrankenhäuser zugestimmt. Im Kreistag regierte die kühle Vernunft" und zählte dann die gebrochenen Wahlversprechen sämtlicher politischen Gruppierungen auf - die CDU habe sogar gefordert: "Erhalt des Osteroder Krankenhauses - ohne wenn und aber". Es ist kein Zufall, dass er bei dieser Aufzählung die gebrochenen Wahlversprechen der FWG "vergaß" - es gab nämlich keine.
  • Dass ich an der Herstellung von Transparenz - eines der zentralen Wahlversprechen der FWG zu diesem Thema - maßgeblich beteiligt war, belegen diese Seiten.
  • Wäre es im Februar 1997 nach der Verwaltung gegangen, hätte der Landkreis für ca. 350 000 Mark ein Bau-Gutachten für den Anbau in Herzberg in Auftrag gegeben. Dem hat der Kreistag mit meiner Stimme widersprochen - ich hatte vorher von der Verwaltung verlangt, die Wirtschaftlichkeit dieses Anbaues vorzurechnen, was nicht geschehen war (s. Pressemitteilung vom 13. 3. 1997). Abgesehen davon, dass für diesen Anbau aus Steuermitteln (zuständig: das Land) vermutlich nie das Geld da gewesen wäre: Heute wird der Anbau von Rhön-Kliniken privat finanziert (monistisch), also nicht aus Steuermitteln.

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