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Kreishaushalt

Haushalt 2005 des Landkreises Osterode am Harz

Dr. Wolfgang Wegener (FWG) im Kreistag (Redemanuskript)

Sanierung aus eigener Kraft nicht möglich

Anrede,

wir haben vor knapp einem Jahr, am 16. Februar 2004, einstimmig eine Resolution beschlossen, in der es unter anderem hieß: "Bei über 6 Mio. Euro Fehlbedarf 2003, 8 Mio. Euro im Jahr 2004 und nach der mittelfristigen Finanzplanung für 2007 zu erwartenden kumulierten Defiziten von 35 Mio. Euro ist eine Sanierung aus eigener Kraft weder mittel- noch langfristig möglich". Hingewiesen wurde damals darauf, dass die vom Bundestag und Bundesrat im Dezember 2003 verabschiedete Gemeindefinanzreform zu keinen Mehreinnahmen geführt habe.

Heute können wir feststellen, dass sich die Situation nochmals verschlechtert hat. Das strukturelle Defizit wird im Jahr 2005 11,1 Mio. Euro betragen, die nicht finanzierten Fehlbeträge des Landkreises werden sich nach der mittelfristigen Finanzplanung 2008 auf über 58 Mio. Euro aufsummiert haben. Ich sehe nach Analyse diesen, aber auch des vorhergehenden Haushaltes keinerlei nennenswerte Einsparmöglichkeiten mehr. Unser Spielraum besteht ausschließlich noch darin, wie der Mangel zwischen Kreis und kreisangehörigen Gemeinden verteilt wird.

Kreistag darf Landkreis nicht zugunsten der Gemeinden ausplündern

Der nach §15 NFAG eigentlich notwendige gewogene Hebesatz der Kreisumlage (KU) beträgt fast 80 Prozent, wir beschließen heute 54 Prozent. Es ist klar, dass wir nicht einen ausgeglichen Haushalt vorlegen können um den Preis, die Gemeinden in den vollständigen Ruin zu treiben. Wir Kreistagsabgeordneten dürfen aber auf der anderen Seite auch nicht in Art von Kirchturmspolitikern den Landkreis ausplündern. Ohne den Landkreis gäbe es zum Beispiel die Hartz IV Option nicht, die allen zugute kommt. Im Vorbericht heißt es, dass die Mehrbelastung seit 2002 im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe 794 T€ und im Bereich der Grundsicherung 430 T€, insgesamt also 1,2 Mio. Euro betrage und man sich den Schaden mit den Gemeinden teilen wolle. Warum eigentlich? Dies sind ausschließlich Belastungen, die den Landkreis treffen. Die Gemeinden dagegen profitieren von der Ziehung der Option im Bereich ihrer originären Aufgaben mit 270 T€, da Personalausgaben nun erstattet werden. Die gezahlten Personalkosten von 60 T€ pro Stelle sind aus meiner Sicht viel zu hoch ausgehandelt worden. Gemeindefreundlich ist daher eine ausgesprochene vorsichtige Beschreibung dieses Haushaltplanes. Dass die Bad Lauterberger BI jetzt sogar noch eine Senkung der KU fordert, ist aus Sicht der Osteroder FWG ein Zeichen für Ahnungslosigkeit.

Gespaltene Kreisumlage

Die zweite Anmerkung betrifft die sog. gespaltene Kreisumlage. Gesetzlich vorgesehen sind vier Hebesätze auf vier verschiedene Steuereinnahmearten und einer auf die Schlüsselzuweisungen im Rahmen des Finanzausgleiches. Nirgendwo steht geschrieben, dass all diese Hebesätze gleich sein müssen. Es ist für mich außerhalb jeder Diskussion, dass der Landkreis zur Finanzierung seiner Aufgaben von den steuerstarken Gemeinden einen höheren Anteil einfordert als von den schwachen Gemeinden. Das vor zwei Jahren gewählte Verfahren zur Ermittlung der Spreizung, nämlich auf die Steuerkraft den höchsten gewogenen Hebesatz im Lande zu nehmen und den Hebesatz auf die Schlüsselzuweisungen aus dem Gesamtbedarf zu ermitteln, stellt sicher, dass niemand im Landkreis einen höheren gewogenen Hebesatz als irgendjemand sonst im Land hat. Die erhebliche Spreizungswirkung ergibt sich aus der in diesem Landkreis stark unterschiedlichen Steuerkraft. So betragen die Schlüsselzuweisungen als Maß für schwache Steuerkraft in Osterode und Herzberg ca. 45 Euro pro Einwohner, der Durchschnitt liegt bei 109 Euro, Bad Sachsa erhält 196 Euro pro Einwohner. Die Ausgleichswirkung ist zudem äußerst moderat. Nach dem ursprünglichen Vorschlag zahlen Osterode und Herzberg knapp 3 Prozent mehr als bei einem einheitlichen Hebesatz, nach der nun reduzierten Spreizung knapp 2 Prozent mehr. Zu der hohen Steuerkraft kommen zudem noch Erträge aus Beteiligungen, die ebenfalls höchst unterschiedlich verteilt sind. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf zwei an die Kreistagsfraktionen gerichtete Briefe eingehen. Einen vom Herzberger Bürgermeister habe ich mittlerweile mündlich beantwortet. Den anderen des Osteroder Bürgermeister möchte ich öffentlich beantworten. Ich nehme an, dass die darin geäußerte Kritik an der Spreizung der Kreisumlage spätestens dann deutlich leiser werden wird, wenn es in wenigen Jahren im Rahmen von Doppik eine Konzernbilanz geben wird und jedem - nicht nur mir - transparent sein wird, wie einnahmestark Osterode tatsächlich ist. Allerdings verstehe ich Stimmen aus Osterode und auch aus Herzberg sehr gut, die monieren, dass die Gemeinden, die von der Spreizung profitieren, bitteschön dann doch wenigstens die Einnahmequellen ausschöpfen mögen, die Osterode seit kurzem und Herzberg schon länger ausschöpfen. Gerade ich als Osteroder Kreistagsabgeordneter, der eine Spreizung unterstützt, frage mich ernsthaft, warum z. B. die SG Bad Grund noch keine Winterdienstgebühr eingeführt hat.

Entnahme aus Verbundmasse schwächt schwache Kommunen

Während die Spreizung der Kreisumlagehebesätze also bewirkt, dass stärkere Gemeinden etwas stärker zur Finanzierung des Kreishaushaltes herangezogen werden als schwächere, bewirkt die Entnahme von 150 Mio. Euro aus der Verbundmasse des Finanzausgleiches durch das Land genau das Gegenteil. Gerade die aufgrund schwacher Steuereinnahmen stärker auf Schlüsselzuweisungen angewiesenen schwachen Gemeinden werden dadurch benachteiligt, und gerade unser Landkreis, der ja auch noch aufgrund der demographischen Entwicklung Sonderlasten z. B. bei der Einkommensteuer zu tragen hat, ist davon in besonderer Weise betroffen. Den einzigen Dank, den ich dieser Landesregierung schulde, ist der für ihre klare und eindeutige Unterstützung der im Rahmen von Hartz IV optierenden Gemeinden. Nur durch diese Option lassen sich verwaltungsmäßig Doppelstrukturen vermeiden, den Vorteil haben der Landkreis und seine Gemeinden, vor allem aber die hier lebenden Arbeitssuchenden.

Interkommunale Zusammenarbeit darf kein Lippenbekenntnis bleiben

Wir - Kreis und Gemeinden - müssen also absehbar die Probleme selbst angehen, wirklich lösen können wir sie im Kreis nicht, insbesondere auch deswegen, weil wir die Standards nicht bestimmen können. Lassen Sie mich zum Schluss einen Gedanken vortragen, der vielleicht etwas abseits der Hauptschiffahrtsroute angesiedelt ist. Dieser Landkreis ist mit 83 000 Einwohnern kleiner als eine Großstadt, verfügt aber über acht Verwaltungen mit acht Hauptverwaltungsbeamten. Einige sagen, man brauche doch den Landkreis nicht, dann hätten wir nur noch sieben Verwaltungen. Man könnte aber auch fragen, ob man nicht lieber sieben Verwaltungen abschaffen sollte statt nur einer, so dass dann ein starkes Kompetenzzentrum übrigbliebe. Auf diesen Gedanken kann man insbesondere dann kommen, wenn man aus den Gemeinden hört, man stehe für interkommunale Kooperation, wenn es dann aber ernst wird wie z. B. bei der vom Landkreis angeregten Finanzkooperation, stellt man klare Verweigerungshaltung bzw. Vertagungsmentalität fest. Ich kann nur hoffen, dass sich an dieser Haltung noch etwas ändert.

Dem Kreishaushalt 2005 mit den von der SPD-Fraktion beantragten Änderungen werde ich formal meine Zustimmung erteilen.

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