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Märkische Oderzeitung

Bundesweit erstes Urteil in Sachen Finanzmakler Koch

Hintergrundbericht der Märkischen Oderzeitung zu den durch Finanzmakler Koch vermittelten Termingeldgeschäften der Stadt Schwedt und ihre Auswirkungen vor Gericht

Was ist wirklich dran an der Finanzaffäre?

Die bundesweite Finanzaffäre um den mutmaßlichen Kreditbetrüger Hans-Jürgen Koch. War Schwedt verwickelt oder betroffen? Vertuscht das Rathaus etwas? Hat Schwedt etwas Verbotenes gemacht oder hält sich Schwedt wirklich schadfrei? Verstehen Sie, worum es eigentlich geht, wenn in den Schlagzeilen von Millionen-Klagen, Termingeldgeschäften, Bereicherung und horrenden Rechtsanwalts- und Prozesskosten die Rede ist?
Für das Verständnis des Systems Koch, für die Klärung der konkreten Schwedter Beteiligung an den Termingeldgeschäften, für Fragen nach bislang ungeklärten Umständen und für die Bewertung von zwei anhängigen Gerichtsprozessen ist die tagesaktuelle Berichterstattung überfordert. Die Märkische Oderzeitung will deshalb in einem Hintergrundbericht etwas Licht in die "Finanzaffäre" bringen.

Von Michael Dietrich

Die Idee von den Krediten zwischen Kommunen

Die Vermittlung von Kassenkrediten zwischen Kommunen ist im eigentlichen Sinne eine geniale Idee. Bekannt wurde sie, als 1992 das Zinsniveau der Banken in Deutschland ordentlich zulegte. Die Stadt A brauchte Geld, die Stadt B hatte etwas übrig. Beide wandten sich an einen Finanzvermittler. Dessen Dienstleistung bestand im Vermitteln. Die Vertragspartner halfen sich so nach dem Solidarprinzip gegenseitig. Der Vermittler bekommt vom Kreditnehmer eine Provision, bei einem Kreditvolumen von einer Million Mark sind das bei Koch zum Beispiel knapp 250 Mark gewesen. Zinsgünstig kommen Kommunen so an gerade benötigtes Geld für eine unverhofft höher ausgefallene Rechnung oder legen es in der Zeit zwischen der Einnahme von Steuergeldern und der Ausgabe etwa für Mitarbeitergehälter günstiger an als bei jeder Bank, selbst bei ihrer eigenen Hausbank Sparkasse. Mit dieser Art der Verwaltung der Kassenmittel hat Schwedt in den Jahren von 1993 bis Mitte 1996 über 670 000 Mark Zinsen eingenommen. Das klingt eigentlich sehr positiv, warum steht Schwedt dann vor Gericht?

Das betrügerische System Kochs

Das kriminelle System Kochs beruht auf der Ausnutzung dieser Kreditgeschäfte zwischen den Kommunen. Aus vielen erfolgreichen Kreditgeschäften kannte Hans-Jürgen Koch die Kassenleiter und Kämmerer in den Städten, Kreisen und Körperschaften, er hatte Vertrauen erworben, viele Geschäfte waren zur Zufriedenheit der Kommunen gelaufen. Auch in Schwedt. Die Stadt hatte in den Jahren vor dem Finanzstreit mit dem Kreis und dem daraus resultierenden  Haushaltsdefizit knapp 40 Kassenkredite über Koch an andere vergeben. Bis auf eine Ausnahme fehlte nie ein Pfennig oder kam eine Rückzahlung nicht pünktlich. Unter den Kassenleitern gab es offene Mundpropaganda für Koch.

Doch der Gepriesene merkte auch, wie leicht es war, Geldzahlungen auszulösen. Um Gemeinde A dazu zu bewegen, Geld an die Gemeinde B zu zahlen, reichte ein Anruf und ein Fax von Koch! Oftmals kam es zwischen den Gemeinden A und B nicht einmal zu einem Kontrollkontakt. Viele Kommunen gaben sich damit zufrieden, dass das Geld plus Zins wieder da war. Andere Kassenleiter wussten sogar, dass das Geld von einem Dritten kam und nahmen das aber billigend in Kauf: Es machen alle so. Und was alle so machen, kann ja nicht falsch sein.

Wie es Koch dann genau geschafft hat, dass irgendwann Geld auf sein eigenes Konto gelangte, ist noch nicht genau geklärt. Die Staatsanwaltschaft München hält sich bis heute mit ihren Ermittlungsergebnissen bedeckt. Bisher nimmt man an, dass Koch dafür Helfer in einigen Kommunen hatte, die er dafür bestach. Jedenfalls müssen über 50 Millionen Mark aus öffentlichen Kassen an ihn geflossen sein. Die entstandenen Lücken in den kommunalen Haushalten deckte Koch mit immer neuen Krediten aus anderen Kommunen, die wurden mit neuen Krediten beglichen usw usw. Das klassische Schneeballsystem als Mittel der Vertuschung. Und das flog auf, als sich Koch ­ die Steuerfahnder auf dem Hals ­ nach Namibia absetzte und seine Finanzvermittlung keine neuen Kredite mehr in das System hereinholte, um die offenen Forderungen der anderen zu begleichen.

Die schlaflose Nacht der Schwedter Kämmerin

Aber davon hatte Schwedt nicht die geringste Ahnung, als die Stadt im Frühjahr 2000 den Anruf eines Journalisten erhielt: "Sie sind in einen Finanzskandal verwickelt!" Finanzdezernentin Barbara Rückert scherzte noch: "Ja klar. Der Skandal ist, dass wir ein Millionenloch in der Kasse haben!" Doch Schwedt sollte mit dem Ortenaukreis noch eine Rechnung offen haben. Wenig später meldete sich auch die Münchner Staatsanwaltschaft und wollte Auskunft über die Geschäfte mit Koch. In den Unterlagen über die Kassenkreditgeschäfte von damals fand sich jedoch solch eine Zahlung nicht. Die Nacht danach dürfte für die Kämmerin eine schlaflose gewesen sein. Was war damals geschehen?

Der fragliche Kredit an die Stadt Pirna

Die Stadtkasse Schwedt weist am 14. August 1996 die Stadtsparkasse Schwedt an, vom städtischen Konto an die Kasse der Stadt Pirna einen Betrag über 1 024 039,22 Mark zu überweisen. Dabei handelt es sich um einen Kredit, den Schwedt der Stadt Pirna gewährt. Als Grundlage dafür lag ein Fax der Finanzvermittlung Hans-Jürgen Koch vor, aus dem der Adressat Pirna, die oben genannte Summe, die Vertragslaufzeit von 33 Tagen und der vereinbarte Festzins von 3,35% hervorgehen.

Die Stadt Pirna zahlt später für die Vermittlung dieses Kredites durch die Finanzvermittlung an Koch die Provision. Am Fälligkeitstag erhält die Stadt Schwedt von der Stadtsparkasse Schwedt die Nachricht, dass ein Betrag über 1 029 000 Mark auf das Konto überwiesen wurde. Der Betrag entsprach nicht der Kreditsumme plus Zinsen. Die Schwedter Stadtkasse fragte daraufhin bei der Finanzvermittlung Koch nach. Wenig später wird der fehlende Betrag von 572,07 Mark ebenfalls an Schwedt überwiesen. Die Stadtkasse rechnet die beiden Beträge zusammen und da sie genau  die vereinbarte Summe ergeben, sieht sie das Kreditgeschäft als erledigt an. Schwedt hat mit der einen Million Mark, die sie einen Monat lang nicht brauchte, in diesem Zeitraum 5 532,85 Mark Gewinn erzielt.

Die Handelnden bei den Termingeldgeschäften

Karin Griep, Leiterin der Stadtkasse, hat die Angebote der Banken und auch der Finanzvermittlung Koch eingeholt, ausgewählt, welche Angebote in welcher Höhe und wie lange angenommen wurden und hat die Buchungen der Stadtsparkasse angewiesen und auch wieder entgegengenommen und abgerechnet. Sie sagte vor Gericht aus, sie hätte nicht entschieden, sondern nur auf Anweisung gehandelt.

Christa Müller, bis 1994 Finanzdezernentin und bis 1997 Amtsleiterin für Finanzwirtschaft, oder ihre Stellvertreterin Erika Schreiber, Abteilungsleiterin der Kämmerei, haben monatlich festgelegt, welcher Kassenbetrag wie lange zur Verfügung steht und mit Frau Griep gelegentlich beraten, welche Angebote angenommen werden.

Barbara Rückert, seit 1994 Finanzdezernentin und auch Bürgermeister Peter Schauer geben an, bis zum Jahr 2000 von Koch und seiner Finanzvermittlung nie etwas gehört zu haben.

Hans-Jürgen Koch, Finanzberater in Bad Heilbrunn, hat bundesweit für über 350 Kommunen solche Termingeldgeschäfte vermittelt. Er steht in dem dringenden Verdacht, aus diesen Geschäften über 50 Millionen Mark öffentlicher Gelder privat abgezweigt zu haben. Er soll sich nach Namibia auf seine Luxusfarm abgesetzt und das Geld seiner Partnerin überschrieben haben.

Im Fall Schwedt trat Koch nicht direkt auf, die Stadt verhandelte am Telefon und per Fax mit einem Mitarbeiter Kochs, die Faxe waren an Frau Griep adressiert. Der Kontakt mit Koch kam nach Darstellung der Stadt zustande, weil Koch seine Finanzdienstleistung wie viele andere der Stadt angebot. Frau Griep behauptete jedoch, das Prinzip, freie Geldmittel ertragsbringend über Vermittler bei anderen Kommunen anzulegen, von einer Konsultation in der Partnerschaft Leverkusen mitgebracht zu haben. Hier sei auch der Kontakt zur Finanzvermittlung entstanden.

Wer sind in dem Spiel die Täter und die Opfer?

In betrügerischer Absicht hat in erster Linie der Finanzvermittler Koch gehandelt. Daneben gibt es zweitens jene Kommunen, die an Koch direkt Millionendarlehen zahlten, also auf das Konto eines Privatmanns. Dies ist nach öffentlichem Haushaltsrecht ein klarer Verstoß, dafür müssen die verantwortlichen Täter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Die Stadt Schwedt konnte nachweisen, das sie nicht an Koch gezahlt hat. Als Drittes gibt es jene Kommunen, die beim Zusammenbruch des Systems Koch noch Außenstände aus Kreditgeschäften hatten. Dafür müssen sie gar nicht an Koch gezahlt haben. Sie waren einfach nur die letzten in der Kette des Schneeballsystems. Sie sind im Moment die eigentlichen Opfer. Zum Beispiel hat der Ortenaukreis saldiert 18 Millionen Mark offene Forderungen. Dann gibt es viertens Kommunen wie Schwedt, die aus den Geschäften eigentlich ein ausgeglichenes Saldo haben, aber nicht alle Geschäfte vertraglich klar abgesichert hatten. Hier wurden anscheinend unwissentlich Dreiecksgeschäfte eingegangen, bei denen einer gab, einer nahm und ein anderer zurückzahlte. Schwedt konnte nur deshalb zum Opfer werden und mit in den Sog des Finanzskandals geraten, weil seine Geschäfte nicht unangreifbar waren. Das machte sich der Ortenaukreis zunutze, um von Schwedt eine Million seiner 18 Millionen Mark Außenstände einzuklagen.

Übrigens gibt es auch Beteiligte wie den Landkreis Uckermark, die noch bis Februar 2000 über Koch vermittelte Kredite ausreichten und annahmen. Hier jedoch konnte Kämmerer Mike Förster nachweisen, dass es immer Eins-zu-Eins-Geschäfte waren. Offenbar wurde hier darauf geachtet, dass das Geld dahin zurückgeht, wo es herkam. Solche Kommunen sind weder Opfer noch Täter, sondern reine Nutznießer .

Versäumnisse, mangelnde Vorsicht und Fehler

Generell herrschte bei vielen Kämmerern eine große Leichtgläubig- und Unbekümmertheit. Bei einer so großen Vertrauensstellung, die die Kämmerer und Kassenleiter innehaben ­ sie gehen jeden Tag mit vielen Millionen Mark öffentlichen Geldern um ­ muss es einfach eine besondere Sorgfalt und Vorsicht, aber vor allem Kontrolle geben. Denn Auffälligkeiten gab es einige.

Zunächst bei den vertraglichen Regelungen. Die Angaben von Koch hätten schnell überprüft werden können, wenn sich die Städte zur Kontrolle angerufen und die Kreditvereinbarungen untereinander verglichen hätten. Dann hätte der eine nicht gedacht, einen Kredit auszureichen, was der andere für eine Rückzahlung hielt. Aber auch bei der Buchungskontrolle herrschte offenbar blindes Vertrauen in die Zahlen. In Schwedt soll nicht einmal bekannt gewesen sein, dass das Geld nicht vertragsgerecht von Pirna, sondern vom Ortenaukreis zurückkam. Die Überweisungsbelege, auf denen die Absender Ortenaukreis und Kochs Finanzvermittlung klar vermerkt sind, waren im Rathaus nicht vorhanden. Dabei hätten sie von der Stadtsparkasse zur Kontrolle abverlangt werden müssen.
Auch die Kreditsummen sind auffällig. Während beim Landkreis Uckermark, der nur die als sicher geltenden Zweiergeschäfte einging, ausschließlich runde Kreditsummen wie 3, 1,5 oder 5 Millionen Mark auftauchen, hat Schwedt Kredite vergeben von 1 024 039 Millionen Mark und 22 Pfennigen. Diese ungeraden Beträge als Kredite sind nicht üblich. Sie sehen eigentlich wie ein früherer Kredit von einer Million Mark plus den Zinsen dafür aus. Zumindest hätte man stutzig werden können. Der deutlichste Hinweis darauf, dass hier etwas nicht stimmen kann, ist jedoch der Fakt, dass die mit Koch vereinbarte Summe in dem einen Fall nicht komplett kam, sondern in zwei Teilbeträgen. Warum?

Nach der ausgiebigen Prüfung der Termingeldgeschäfte von damals sagt Finanzdezernentin Barbara Rückert heute, die Stadt war damals eindeutig nicht wachsam genug.

Der erste Prozess vor dem Arbeitsgericht

Die Stadt hat eine Konsequenz sofort gezogen. Sie enthob die Kassenleiterin von ihrem Posten. Offiziell hieß es, es habe nichts mit der Klage gegen Schwedt und dem angeblichen Finanzskandal zu tun. Doch genau deshalb, weil die Stadt für die versäumte Buchungskontrolle der Termingeldgeschäfte über Koch die Kassenleiterin verantwortlich machte, sollte sie gehen. Karin Griep klagte gegen ihre Änderungskündigung vor Gericht. Das Gericht gab ihr in erster Instanz Recht: Die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt. Die Stadt will dagegen in Berufung gehen und Frau Griep auf keinen Fall wieder als Kassenleiterin einsetzen. Das nötige Vertrauen für so einen wichtigen Posten sei nicht mehr gegeben, so die Begründung. In der Sache ist damit noch nicht geklärt, ob die Versäumnisse wirklich bei der Kassenleiterin lagen und wer die fehlende Kontrolle zu verantworten hat. Die Stadt sagt, dies sei eindeutig eine Dienstpflicht der Kassenleiterin und sie habe ihr das auch angewiesen. Frau Griep wiederum sah sich für solche Kreditangelegenheiten für nicht zuständig an und habe nur ausgeführt. Die Richter jedenfalls äußerten mehrfach ihren Unglauben, dass für diese Termingeldgeschäfte allein Frau Griep zuständig gewesen sei, "das war doch wahrscheinlich höher angesiedelt", so einer der ehrenamtlichen Richter.

Prozess 2: Die Klage des Ortenaukreises

Im Streitfall Schwedt-Ortenau ist der Ortenaukreis der Auffassung, man gewährte der Stadt Schwedt einen Kredit, Schwedt war der Auffassung, bei dieser Zahlung handelte es sich um die Rückzahlung aus Pirna. Der Wille des Geldgebers und des Empfängers der Zahlung stimmten nicht überein, es ist kein Vertrag zustande gekommen, also liege ein Fall ungerechtfertigter Bereicherung vor, so das zentrale Argument des Ortenaukreises, mit dem er das Geld von Schwedt zurückfordert.

Der Richter gab dieser Klage in erster Instanz Recht. Die um eine Million Mark erleichterte Stadt Schwedt könnte nun wiederum Pirna auf ungerechtfertigte Bereicherung verklagen und Pirna dann wieder den nächsten, der pikanterweise der Ortenaukreis selbst ist. Also noch einfacher: Pirna tritt seine rechtlichen Ansprüche gegenüber dem Ortenaukreis an Schwedt ab und Schwedt kann direkt den Ortenaukreis verklagen und mit derselben rechtlichen Begründung die Million zurückfordern, mit der der Ortenaukreis seine Million aus Schwedt bekam. Nur weil das rechtlich machbar ist, ist es nicht weniger blödsinnig.

Einige Kritiker dieser prozessualen Rückabwicklung der Koch-Geschäfte sehen deshalb den Fall Ortenaukreis gegen Schwedt als einen "Glücksfall" an. Gerade an dieser Klage und diesem Nullsummenspiel der Forderungen von drei Opfer-Kommunen werde offenbar, wie sinnlos solche Verfahren wären. Andere Kritiker meinen, dass der Prozess nur ein Scheinprozess ist und vom Ortenaukreis für seine anderen Streitfälle benutzt werden soll. Da geht es um viel mehr Geld. Der kleine Fall von Schwedt als Musterprozess, weil der Streitwert mit nur einer Million Mark relativ klein und damit auch die Prozesskosten relativ gering sind?

Zumindest will Schwedt unbedingt die Chance der Berufung nutzen. Dahinter steht die Hoffnung, dass eine höhere Gerichtsinstanz die Klage abweist und Schwedt damit ganz aus der Finanzaffäre raus wäre. Ausgang offen.

Eine Clearing-Stelle als Lösungsansatz

Auch so ein Prozess kann dazu beitragen, dass der Druck größer wird und die Forderung nach der Einrichtung einer bundesweiten Clearing-Stelle (Verrechnungsstelle) lauter. Die Idee der Lösung des Problems unter den Kommunen ist einfach: Die Clearing-Stelle listet alle Geschäfte über Koch auf. Wird jedes Geschäft zwischen den Kommunen rückabgewickelt, bleiben nur diejenigen Kommunen auf ihren offenen Forderungen sitzen, die das Geld an Koch direkt gezahlt haben.

Doch dieses System wird nicht auf freiwilliger Basis funktionieren, schließlich pokert jeder, um mit einem blauen Auge davonzukommen. Jene Kommunen, die bisher ausgeglichene Salden haben oder eben eine direkte Koch-Zahlung als Leiche im Keller, müssen zu dieser Rückabwicklung gezwungen werden. Denn anders, als beim gegenseitigen finanziellen Vorteil aus Kassenkrediten ist vom Solidaritätsgedanken der Kommunen nicht mehr viel zu spüren, wenn es um finanziellen Schaden und die politische Verantwortung dafür geht. Ob nun eine Clearing-Stelle mit staatlichen Befugnissen ausgestattet, eine bestehende Behörde wie der Bundesrechnungshof beauftragt wird oder die Innenministerkonferenz sich auf einheitliche Regelungen in den Ländern einigt, ist nur eine Frage des besten Weges. Die Direktzahler an Koch müssen ohnehin von der Staatsanwaltschaft gerichtlich verfolgt werden.

So wichtig es im konkreten Fall sein wird, in Schwedt die Frage der Verantwortung zu klären, damit die Schwedter in die Behandlung öffentlicher Gelder im Rathaus wieder Vertrauen gewinnen. Eine kriminelle Beteiligung am System Koch oder eine direkte Schädigung der Stadt ist in Schwedt bisher zum Glück nicht zu vermuten. Fast möchte man es ebenfalls als Glück bezeichnen, dass Schwedt ab 1996 ein dickes Minus im Haushalt hatte. Denn damit konnte die Stadt gar keine Geldanlagen mehr tätigen, auch nicht über Koch. Nicht auszudenken, wenn Schwedt die Dreiecksgeschäfte bis ins Jahr 2000 unwissend weiter getätigt hätte und dann vor einem ähnlichen Scherbenhaufen stünde wie jetzt der Ortenaukreis.

Nachgefragt bei Bürgermeister Peter Schauer: Wie weiter nach dem Gerichtsurteil?

Herr Schauer, welche Lösung sehen Sie für das Problem der Städte, die von der Finanzaffäre betroffen sind?
Ich trete für eine Rückabwicklung der strittigen Termingeschäfte ein, in Schwedt wären das lediglich neun. Aber nicht auf dem Weg von Gerichtsprozessen. Die Klage gegen Schwedt mit dem Dreiecksverhältnis Schwedt ­ Pirna ­ Ortenaukreis hat eigentlich die Perversion gezeigt, so etwas auf dem Klageweg klären zu wollen. Hier geht es um ein Nullsummenspiel, der Gerichtsstreit ist eine Vergeudung von Steuermitteln.

Wie stellen Sie sich die Rückabwicklung der Geschäfte vor?
Meine Anregung wäre, dass sich die Innenminister endlich der Sache annehmen und auf der Innenministerkonferenz Festlegungen für eine Clearing-Stelle treffen. Die beteiligten Kommunen sind doch wie gelähmt, wir können nicht mehr arbeiten, wenn wir nur vor Gericht sitzen. Gerichte klären die Probleme der betroffenen Kommunen nicht.

Sie sagten, Sie wissen nicht, was Sie in Schwedt ändern sollten
Weil in den Dienstanweisungen eigentlich alles klar geregelt ist. Wir haben die Vorgänge geprüft und sehen die Verantwortlichkeit bei der Kassenleiterin. Durch sie wurde die Stadt Schwedt angreifbar. Natürlich ging ein Ruck durchs Rathaus. So etwas wie 1996 kann zwar heute ohnehin nicht mehr passieren ­ aber es würde auch nicht wieder passieren!

Quelle: Märkische Oderzeitung vom 24. 3. 2001

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