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Geschäftsbericht 2011 der Wirtschaftsbetriebe Osterode

Von Dr. Wolfgang Wegener (FWG)

Verheerende Bilanz des Geschäftsführers

"Der Bürgermeister bleibt dringend aufgefordert, den Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe und die Ratsmehrheit in den Griff zu bekommen", so meine Stellungnahme zum Geschäftsbericht 2010. Ich begrüße es daher, dass der Geschäftsführer zum 31. 12. 2012 abgelöst wurde.

Mit Datum vom 22. Januar 2013 sucht die Stadt einen Geschäftsführer, der "über ein Studium der Betriebswirtschaft oder eine vergleichbare Ausbildung" verbunden mit "einer mehrjährigen praktischen kaufmännischen Erfahrung in einem größeren Betrieb" verfügt. Erwartet wird eine "konstruktive und ergebnisorientierte Zusammenarbeit mit der Gesellschafterversammlung sowie der Stadt Osterode". Besonderer Wert wird bei "ca. 70 Mitarbeiter/innen" auf "Fachkenntnisse im Personalwesen insbesondere in den Bereichen Mitarbeitergespräche, Teamentwicklung sowie Kommunikation" sowie auf "Kenntnisse hinsichtlich Moderationsverfahren" gelegt. Ich gehe davon aus, dass genau in diesen Bereichen Defizite des bisherigen Geschäftsführers bestanden, sonst hätte man diesen ja weitermachen lassen können.

Der Bürgermeister teilte bei der Ankündigung dieser Ausschreibung mit, der bisherige Geschäftsführer habe "Unglaubliches geleistet". Dem kann ich mich nur anschließen, dies betrifft insbesondere das Erlebnisbad Aloha.

Vergleich 2000 - 2011: Die Bilanz beim Erlebnisbad

Seit dem Amtsantritt des Geschäftsführers am 12. Dezember 2000 erhöhte sich das jährliche Defizit ohne Berücksichtigung der Kapitalkosten von 450 000 Euro auf 2,1 Mio. Euro. Legte die Stadt im Jahr 2000 pro Besucher 2,03 Euro dazu, waren es 2011 mit 9,94 Euro ebenfalls fast fünfmal so viel. Das tatsächliche Defizit unter Berücksichtigung der Kapitalkosten betrug 2011 pro Besucher 13,76 Euro. Trotz massiver "Attraktivitätssteigerungen" bei praktisch gleichbleibenden Eintrittspreisen und der damit einhergehenden Explosion der Folgekosten blieben die Besucherzahlen im Wesentlichen gleich, sanken sogar leicht (2000: 221 712, 2011: 211 653).

Ob man dem Geschäftsführer zu der Bilanz seiner Tätigkeit gratulieren kann oder ob man ihm totale Unfähigkeit attestieren muss, lässt sich nur aus einem Vergleich dieser Bilanz mit den ihm von Verwaltungsleitung und Rat gesetzten Zielen und Zielvereinbarungen beurteilen. Diese gibt es nicht und gab es auch niemals. Die einzig erkennbare Aufgabe, die dem Geschäftsführer gestellt wurde, war es, die Erträge aus der Beteiligung der Wirtschaftsbetriebe am Energieversorger Harzenergie von im Mittel 5 Mio. Euro jährlich (55,2 Mio. Euro seit 2001; 6,4 Mio. Euro 2011) steuersparend irgendwie auszugeben und einen sogenannten Leuchtturm zu errichten. Lediglich die FWG-Fraktion definierte 1999 in einem vom Rat einmütig abgelehnten Antrag das (betriebswirtschaftliche) Ziel, die Besucher zumindest für die laufenden Kosten aufkommen zu lassen (dieses Ziel war 2000 noch in Schlagdistanz). Gemessen an diesem Ziel fällt die Bilanz des Geschäftsführer allerdings verheerend aus.

Wer seinen Mitarbeitern keine Ziele vorgibt, dokumentiert eigenes Führungsversagen. Möglicherweise hat man dies ja nun erkannt. Denn wenn man vom Geschäftsführer laut Ausschreibungstext eine "ergebnisorientierte" Zusammenarbeit mit der Gesellschafterversammlung erwartet, müsste man ihm ja eigentlich mitteilen, welches Ergebnis man denn für wünschenswert hält. (Die Gesellschafterversammlung besteht aus dem Hauptverwaltungsbeamten, der Beschlüsse des Rates umzusetzen hat).

Erlebnisbad Aloha: Das Geschäftsjahr 2011

Im Vergleich zum Defizit des Vorjahres, welches schon auf Rekordniveau war, stieg 2011 das Defizit ohne Berücksichtigung der Kapitalkosten um 500 000 Euro (plus 31 Prozent) auf 2,1 Mio. Euro; dies liegt um sagenhafte 29 Prozent über dem bisherigen Rekord aus dem Jahr 2009. Inklusive der Kapitalkosten beträgt das Defizit 2,9 Mio. Euro entsprechend 8000 Euro pro Tag; dies liegt um 19 Prozent über dem bisherigen Rekord aus dem Jahr 2009. Die Besucherzahl sank auf den tiefsten Wert seit 2005.

Im Wesentlichen erklärt sich der Anstieg bei den laufenden Kosten im Aloha durch zwei Positionen: Die Kosten für den Gasbezug stiegen um 64 Prozent auf 445 000 Euro. Zur Begründung heißt es, dass der Dezember 2010 erst im Januar 2011 abgerechnet wurde, ferner seien die Gaspreise gestiegen (die Kosten pro kWh stiegen um 23 Prozent). Durch einen "defekten Gaszähler" sei außerdem die Gasmenge zu hoch ausgewiesen worden (bereinigt um die im Januar berechnete Gasmenge für den Dezember des Vorjahres ist die Gasmenge immerhin um 10 Prozent gestiegen: Hätte die defekte Gasuhr nicht durch eine zeitnahe Ermittlung des Gasverbrauchs im Aloha auffallen müssen?). Die zweite wesentliche Position besteht aus einem Anstieg der Reparatur- und Wartungskosten um 172 000 Euro bzw. 84 Prozent. Dabei geht es um die "Renovierung" der Saunagastronomie (ist die nicht erst wenige Jahre in Betrieb?), ferner um die Sanierung des Flachdaches bei der Schwimmbad-Gastronomie ("Aloha-Inn"), der Duschen und der Lüftungsanlage Duschen/Umkleiden.

Immerhin wurden 2011 zwei zentrale Forderungen der FWG, die ich noch als Ratsherr zum Haushalt 2011 formulierte, im Wesentlichen erfüllt: Keinen Euro mehr in den weiteren Ausbau des Aloha, Überführung des nicht für die Erhaltung der Einrichtungen der Wirtschaftsbetriebe (Aloha, Stadthalle) benötigten Geldes aus der Gewinnausschüttung der Harzenergie in den notleidenden städtischen Haushalt.

Fazit und Ausblick

Es bleibt nun abzuwarten, wie es mit der neuen Geschäftsführung weitergeht. Bei einer Stadt, die seit Amtsantritt des bisherigen Geschäftsführers und (in Personalunion) Kämmerers der Stadt Jahr für Jahr Defizite aufweist und mittlerweile gezwungen ist, selbst wichtige Investitionen in die Infrastruktur der Stadt zurückzustellen, um den Haushalt noch genehmigt zu bekommen, kann es sicherlich mit dem Aloha so nicht weitergehen (ob der im Entwurf offenbar auf massiven Druck der Aufsichtsbehörde ausgeglichene Haushalt 2013 auch im Abschluss ausgeglichen ist, bleibt vorerst abzuwarten). Der Bürgermeister, der Rat und/oder der Geschäftsführer sollten sich nun klare Ziele setzen, überprüfbare, innerhalb vorgegebener Fristen zu erreichende Ziele definieren, und sagen, wo sie mit dem Aloha eigentlich hinwollen.

Im Übrigen führt der bisherige Geschäftsführer seine Funktion als Kämmerer der Stadt weiter aus. Auch hier hat er Unglaubliches geleistet, wie ich finde.

Geschäftsbericht 2011 der Wirtschaftsbetriebe Osterode in Zahlen

Aloha (incl. BHKW)2011/T€ 2010/T€
Umsatzerlöse738 788
Sonstige betriebliche Erträge incl. BHKW93 125
Material, bezogene Leistungen,
sonstige betr. Aufwendungen, Steuern1 603 1 191
Personalaufwand1 3331 328
Kapitalkosten807805
- Abschreibungen 605593
- Zinsen 202212
Defizit
- ohne Kapitalkosten2 1041 606
- incl. Kapitalkosten2 9122 410
Kostendeckungsgrad(Umsatzerlöse/Kosten)2011/% 2010/%
- ohne Kapitalkosten28.336.3
- incl . Kapitalkosten22.227.5
Zuschuss pro Besucher2011/€2010/€
- ohne Kapitalkosten9.947.23
- incl. Kapitalkosten13.7610.86
Besucher (incl. Sauna)211 653221 989

Stadthalle (incl. BHKW)2011/T€2010/T€
Umsatzerlöse196161
Sonstige betriebliche Erträge (incl. BHKW)39 51
Material, bezogene Leistungen,
sonstige betr. Aufwendungen, Steuern437365
Personalaufwand416379
Kapitalkosten282279
- Abschreibungen 211205
- Zinsen71 73
Defizit
- ohne Kapitalkosten 619532
- incl. Kapitalkosten900810
Kostendeckungsgrad (Umsatzerlöse/Kosten)2011/%2010/%
- ohne Kapitalkosten27.528.5
- incl . Kapitalkosten20.720.8

Der Zuschuss pro Besucher lässt sich nicht ermitteln, da die Besucherzahl bei Vermietungen (z.B. Abi-Ball) nicht ermittelt wird.

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