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WiBO

Aloha, Stadthalle, Harzenergie - Die Wirtschaftsbetriebe der Stadt Osterode

Von Dr. Wolfgang Wegener, Ratsherr der Stadt Osterode am Harz (FWG)

Wirtschaftsbetriebe Osterode - Die Chronik

Die Wirtschaftsbetriebe der Stadt Osterode GmbH (WiBO) wurden 1984 gegründet. "Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb der städtischen Schwimmbäder, die Errichtung eines mit den städtischen Schwimmbädern verbundenen Blockheizkraftwerkes sowie das Halten der städtischen Beteiligung an den Westharzer Kraftwerken GmbH (WKO)", so die Eintragung ins Handelsregister am 27. Juni. Die Stadt war alleiniger Eigentümer. Der Gründung der WiBO vorangegangen war Anfang Juni 1984 eine beschlussfassende halbstündige Sitzung des Osteroder Stadtrates. Der Stadtdirektor erläuterte, dass die Stadt ihre Einlage (Stammkapital) in Höhe von 500 000 Mark leiste, indem sie die städtischen Schwimmbäder im Wert von 3,9 Mio. Mark sowie ihre Mehrheitsbeteilung (64,3 Prozent) an den WKO im Wert von 5,8 Mio. Mark einbringe. Die Gesellschaft übernehme 3,1 Mio. an Darlehen. 6,1 Mio. Mark seien der Rücklage der Gesellschaft zuzuführen. Die städtischen Schwimmbäder waren Zuschussbetriebe, während die Mehrheitsbeteilung an dem 1924 von der Stadt Osterode, dem Landkreis und der Thüringischen Gasgesellschaft (Thüga) gegründeten lokalen Energieversorger WKO überaus ertragreich war. Der Sprecher der CDU begrüßte die Gründung der Gesellschaft als "Modellfall" und betonte, die Gesellschaft werde "zum Wohl der Stadt" arbeiten.

Seitdem erhielt der städtische Haushalt keinen Pfennig mehr aus den Erträgen der WKO, erst 2008 fand wieder eine Ausschüttung statt.

Steuerlicher Querverbund

Durch die Gründung der WiBO war ein steuerlicher Querverbund entstanden: Die Erträge der WKO konnten mit den Dauersubventionen für die Schwimmbäder (am 1. Januar 1995 kam noch die Stadthalle hinzu) verrechnet werden, was zu einer Senkung der zu zahlenden Steuern führte. Dieses in Deutschland bei vielen Gemeinden beliebte und weitverbreitete Steuersparmodell weist allerdings auch Nachteile auf, auf welche z. B. die FAZ in einem Artikel ("Der Deutsche Städtetag warnt vor Privatisierungseuphorie - Eine Flut von Auslagerungen kommunaler Aktivitäten") vom 29. November 1996 hinwies. Die eigentliche Stadtverwaltung bleibt nämlich am Ende auf wenigen unrentierlichen und unattraktiven Aufgaben (Ordnungsamt, Sozialamt) sitzen, sozusagen als "Armenhaus" des Unternehmens Stadt, auch findet eine Kompetenzverlagerung in Gesellschaftsorgane statt, die nicht öffentlich tagen, was eine Beschneidung von Selbstverwaltung im politischen und demokratischen Sinne bedeute. Neuerdings ist dieses Modell auch steuerfachlich umstritten. So urteilte der BFH am 22. 8. 2007 (I R 32/06), dass "das Unterhalten eines strukturell dauerdefizitären kommunalen Eigenbetriebes in der Rechtsform einer GmbH (hier: das Unterhalten eines Bäderbetriebes) ohne Verlustausgleich durch die Gesellschafterin (Trägerkörperschaft) regelmäßig zur Annahme einer verdeckten Gewinnabführung" führe (die versteuert werden muss), sogar wenn der Gewinn eher altruistischer Natur sei: Den Einwohnern werden ja verbilligte Eintrittspreise geboten. Es bleibt somit abzuwarten, ob die Steuervorteile durch Gründung der WiBO aufrechterhalten werden können.

Im Dezemberfieber - Das Auslaufen der Zonenrandförderung

Die Höhe des Defizites der städtischen Schwimmbäder (im letzten Jahr des alten Hallen und Freibades 1994 betrug dieses 1,1 Mio. Mark incl. Kapitalkosten und 718 000 Mark ohne Kapitalkosten) sollte sich allerdings gut zehn Jahre später drastisch ändern, und zwar nach oben. Anlass waren steuerliche Gründe. Osterode lag nämlich innerhalb des vom Bund steuerlich geförderten Zonenrandgebietes. Dieser Begriff ist auf die Einteilung Deutschlands in Besatzungszonen nach dem zweiten Weltkrieg zurückzuführen und beschreibt nach dem Zonenrandförderungsgesetz vom 5. August 1971 einen ca 40 km breiten Grenzstreifen von Flensburg im Norden bis Passau im Süden westlich der Grenze zur ehemaligen DDR und der ehemaligen CSSR sowie der schleswig - holsteinischen Ostseeküste (bedingt durch die historische Zoneneinteilung - umfasst waren danach alle Landkreise, die sich mit mehr als 50 Prozent ihrer Fläche oder Einwohner nicht weiter als 40 km vom Ostrand der Bundesrepublik entfernt befanden - gehörten damit 2/3 der Fläche Schleswig - Holsteins zum Zonenrandgebiet!). Bis zum Zeitpunkt der Grenzöffnung und dem Zusammenbruch des real existierenden Sozialismus war diese Grenze (mit Ausnahme der schleswig - holsteinischen Ostseeküste) fast undurchdringlich, das Zonenrandförderungsgesetz (ZRFG) sollte diese Nachteile mildern. "Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Nachteile, die sich aus den besonderen Verhältnissen dieses Gebietes ergeben, kann auf Antrag zugelassen werden, dass bei den Steuern ... einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie Steuern mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden", so § 1 ZRFG. Es ging dabei also im Wesentlichen um Steuerstundung (nicht etwa um Steuerersparnis).

Nach Öffnung der Grenze im November 1989 und dem Abbau der Grenzanlagen sowie Vollendung der deutschen Einheit im Oktober 1990 gab es für diese Förderung keinen sachlichen Grund mehr gab (ganz im Gegenteil, zeitweise wurde die Bananen knapp). Konnte man nicht etwas - irgendetwas, egal was - machen, um diese Förderung noch in Anspruch zu nehmen, bevor sie wegfiel? 1994 war das letzte Jahr, in dem ergebnismindernde Rücklagen (nach § 3 Abs. 2a ZRFG) gebildet werden konnten, und zwar in Höhe von 50 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten von maximal 20 Mio. Mark. Anfang 1994 wurden auf Basis eines Gutachtens für den Neubau des Erlebnisbades 10 Mio. Mark für "Riesenrutsche, Düsen-Becken, Saunatrakt, beheiztes Außenbecken" (was man halt so braucht, um ordentlich Minus zu machen) ermittelt und ein Sonderposten mit Rücklageanteil in Höhe von 5 Mio. Mark durch den Geschäftsführer gebildet und vom Rat Anfang 1995 nachträglich abgenickt, der Verlustvortrag der WiBO schnellte von 170 000 Mark 1993 auf 5,1 Mio. Mark 1994 hoch. Wäre diese Rücklage 1997 noch vorhanden gewesen, hätte sie gewinnerhöhend rückwirkend wieder aufgelöst werden müssen, es musste nun also schnell gehen. Am 1. Februar 1996 besichtigte der Bauausschuss den Fortgang der Arbeiten. In einem Artikel des Osteroder Kreisanzeigers heißt es dazu: "Bauarbeiten bei Temperaturen von bis zu Minus zehn Grad? Was vor einigen Jahren noch kaum denkbar gewesen ist, ermöglichen heute Zusatzstoffe im Beton, die eine Verarbeitung auch unter diesen Bedingungen zulassen". Bis zum Jahresende müsse das Erlebnisbad (prognostizierte Kosten mittlerweile: 12,4 Mio. Mark) fertig sein. "Muß!", wurde der Stadtdirektor zitiert, "aus steuerlichen Gründen". Wegen des Erdfallgebietes ruhe das 80 Zentimeter starke Betonfundament im Übrigen auf 270 Pfählen.

Im Dezemberfieber wurde das Erlebnisbad zum Steuertermin fertig (der Sonderposten mit Rücklageanteil war durch Inanspruchnahme zweier Sonderabschreibungen gem. § 3 ZRFG von 779 650 Mark 1995 und 4 220 350 Mark 1996 wieder aufgelöst worden.)

Fazit

Die Intention der Zonenrandförderung, nämlich durch Verschieben von Steuerzahlungen auf spätere, ertragreiche Zeiten Investitionen in der Anfangsphase durch Schaffung zusätzlicher Liquidität zu fördern, wurde hierbei allerdings karikiert. Die geförderte Investition nämlich, das Erlebnisbad, sollte sich erwartungsgemäß (und wunschgemäß) als betriebswirtschaftliche Katastrophe erweisen, ertragreicher Bestandteil der WiBO war ausschließlich die Beteiligung an den WKO. Auch wenn dies vielleicht nicht im Sinne des ZRFG war, so war doch dieser Mitnahmeeffekt möglich. (Anmerkung: Mischfinanzierungen wie diese hier - die Stadt bestellt, staatliche Stellen fördern - befördern die Gefahr sorglosen Umganges mit Steuergeldern. Die FWG Osterode fordert daher in ihrem Grundsatzprogramm, derartige Mischfinanzierungen abzubauen, wo immer dies möglich ist.)

Das Augenmerk bei steuerlich veranlassten Investitionen liegt auf dem Mitnahmeeffekt bei der Investition - und die Folgekosten? Fest stand jedenfalls nach Abschluss der Investition ins Erlebnisbad Ende 1996 und erst recht 1999, nachdem noch weitere 4 Mio. Mark in einen Eingangsbereich investiert wurden (Gesamtinvestition damit ca. 17 Mio. Mark), dass nach Abschluss dieser Investition hohe Defizite zu finanzieren waren. Was - so fragten wir uns insbesondere nach der Fusion von WKO mit anderen zu Harzenergie - passiert eigentlich, wenn Harzenergie im Zuge der Liberalisierung der Energiemärkte mal ein, zwei Jahre eine schwarze Null schreibt? Damit wäre Harzenergie ja immer noch gesund, die Stadt allerdings hätte dann eine schweren grippalen Infekt, und daran kann man ja bekanntlich sogar sterben.

Und fest stand ebenfalls, dass der städtische Haushalt von den in der Folge insbesondere nach der Fusion zu Harzenergie erheblich steigenden WKO-Erträgen für viele Jahre keinen Pfennig erhalten würde. Eigentlich aber wäre jeder einzelne Pfennig im "Armenhaus" Stadt dringend benötigt worden, ab 2001 gab es mindestens sieben Defizitjahre in Folge - Fahrer von Vespas fuhren in der Stadt Schlangenlinien, auch wenn sie nüchtern sind.

Das Erlebnisbad Aloha - Die Inhaltsübersicht

Als ich 1994 begann, mich für Kommunalpolitik zu interessieren - und damit beginnt auch die nun folgende Chronologie - waren mir und wohl den meisten Osterodern diese Hintergründe allerdings noch nicht bekannt.

Eine naheliegende Frage aus Sicht eines betriebswirtschaftlich denkenden Bürgers stellte ich in einem Leserbrief ("Spendierhosen") vom 3. 2. 1995, nämlich ob man sich als Familie den Eintritt ins Osteroder Hallenbad nach dieser Investition überhaupt noch leisten könne? Am 2. 11. 1995 ging ich dann in einem weiteren Leserbrief ("Betriebsblind") auf die steuerlichen Hintergründe ein. Geschenkt bekomme der Bürger jedenfalls nichts, er müsse ja alle Steuertöpfe füllen, egal, wo diese stehen. Der Bau des Erlebnisbades dürfe also nicht mit Steuerersparnissen begründet werden, er müsse in sich sinnvoll sein. Und daran hatte ich erhebliche Zweifel. Ich schloss mich Mitte 1996 der einzigen politischen Gruppierung in Osterode an, die diesen Luxusbau abgelehnt hatte, und mahnte nach der Wahl 1996 (ich war in den Kreistag gewählt worden) als Pressesprecher für die FWG Osterode in einer Pressemitteilung zumindest die Einführung einer Familienkarte an - die hatte man nämlich im Beschlussvorschlag der Verwaltung vergessen (sie wurde daraufhin eingeführt).

Wie hoch war aber eigentlich das Defizit des Erlebnisbades? Aufgrund der Haushaltspläne war da nur eine grobe Abschätzung möglich, die die FWG Osterode am 2. 9. 1997 in einer Pressemitteilung zum Defizit im Osteroder Erlebnisbad Aloha ("1,6 Mio. Mark Defizit jährlich?) öffentlich vortrug. Und ich möchte noch den Leserbrief ("Billiger Jakob") eines Osteroder Bürgers vom 8. 6. 1998 bringen, der sich mit der Darlehensaufnahme von 6 Mio. Mark für einen weiteren Ausbau des Erlebnisbades (Eingangsbereich, Gastronomie, Umkleidekabine) beschäftigte. Im Vergleich zu den Nachbarbädern waren wir bei den Preisen der "billigste Jakob", die Besucherzahl hatte sich im Vergleich zum alten Hallen- und Freibad (1994 wurden dort 83 288 Eintrittskarten incl. Familien- und Jahreskarten verkauft) mehr als verdoppelt (so wurden z. B. 1998 214 732 Besucher gezählt). Betriebswirtschaftlich Zeit, etwas für den Defizitabbau zu tun? Da allerdings waren die "regierenden" Genossen und die FDP vor. "Piep, piep, piep: Die Stadt Osterode hat euch alle lieb", so der Leserbriefschreiber recht treffend.

1999 kam ich als Nachrücker in den Stadtrat und übernahm dort den Vorsitz der FWG-Fraktion, ausgestattet u. a. mit dem Recht auf Akteneinsicht. Klar, dass die FWG-Fraktion nun genau wissen wollte, wie hoch das Defizit des Aloha war. Diese Frage schien im Rat neu zu sein, dafür schien sich noch niemand interessiert zu haben, und diese Frage ließ sich mit den vorhandenen Zahlen auch gar nicht beantworten: Die Kapitalkosten (Abschreibungen, Zinsen) sowie die sogenannten sonstigen betrieblichen Ausgaben waren nämlich nur in der Summe für Stadthalle, Aloha und Freibad Lerbach bekannt. Auf unsere Anregung in der Stadtrat-Sitzung vom 27. 5. 1999, die Verwaltung möge in einem Bericht diese Kosten aufschlüsseln, sagte der damalige Stadtkämmerer dies zu.

"Es klingt gut, wenn rein theoretisch festgestellt wird, man müsse die Produktpreise staatlicher Dienstleistungen ermitteln. Nur tun muss man es dann auch!" So die FWG am 2. 9. 1999 in ihrer Stellungnahme zum 1. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 1998 im Finanzausschuss. Wir machten dort eine Fülle von Vorschlägen, und kondensierten diese Vorschläge in einem Grundsatzantrag zu den Wirtschaftsbetrieben Osterode vom 22. 9. 1999. Dort forderten wir insbesondere einen Bericht über das Potential von Kostensenkungen "unter Anlegung strenger Maßstäbe der Wirtschaftlichkeit", beantragten die Selbstverpflichtung des Rates auf die Erreichung konkreter Ziele innerhalb konkreter Fristen - so wollten wir den Kostendeckungsgrad ohne Kapitalkosten (1998: ca. 40%) bis 2001 auf 65 % anheben, um so den Rückstand auf das benachbarte Vitamar (Kostendeckungsgrad ohne Kapitalkosten 1998: 95,4 %) zumindest zur Hälfte aufzuholen. Das lehnte der Rat einmütig ab, man wollte keinen Bericht über das Potential für Kostensenkungen, man wollte sich nicht auf "irgendwelche" Prozentzahlen beim Kostendeckungsgrad festlegen.

Am 21. 9. 2000 kam dann der 2. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 1999, der erstmals die Zahlen im Vorjahresvergleich darstellte - das Defizit war weiter gestiegen, auf sagenhafte 3,7 Mio. Mark (mehr als 10 000 DM täglich; Osterode ist eine Kleinstadt mit etwa 25 000 Einwohnern!). Ein vorerst letztes Mal verwendeten wir in einer Pressemitteilung vom 23. 9. 2000 hässliche Vokabeln -Blindflug des Rates- und wiesen darauf hin, wem denn der "Urknall" bei der Transparenz der WiBO zu verdanken sei - die uns eigene Bescheidenheit hatten wir mittlerweile für kurze Zeit abgelegt, wir sahen ja weiteren dringenden Handlungsbedarf.

Der von uns im September 1999 erfolglos beantragte Bericht über kostensenkenden Maßnahmen wurde dann auch ohne Ratsbeschluss von der Verwaltung angefertigt. In einer Pressemitteilung vom 20. 1. 2001 analysierten wir diesen Bericht und schlugen vor, nach der erfolgten Mobilisierung aller Einsparpotentiale die Auslastung zu steigern. Ein Antrag der FWG-Fraktion auf der Stadtratsitzung am 25. 1. 2001 (Etat-Debatte), den völlig unterfinanzierten Werbeetat auf 100 TDM jährlich zu verdoppeln ("Wir haben aus dem Marketing-Desaster Expo 2000 gelernt") wurde allerdings einmütig abgelehnt. Unser Ziel, 65% Kostendeckungsgrad für 2001 war damit nicht mehr erreichbar. Eine weitere Möglichkeit, die Auslastung zu steigern, schlugen wir anläßlich der Kommunalwahl 2001 vor, nämlich die Bereiche, die im Aloha schwarze Zahlen schreiben (insbesondere den Saunabereich), zu fördern. Dabei hatten wir allerdings eher an eine etwas bessere Holzhütte im Garten gedacht, und nicht an den Kaufrausch, der später stattfinden sollte.

Am 17. 10. 2001 gingen wir dann im Finanzausschuss auf den 3. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 2000 ein. Trotz der (maßvollen) Erhöhung der Eintrittspreise zum 1. 4. 2000 hatten sich die Besucherzahlen um 6,1 % im Vergleich zum Vorjahr erhöht, die Erlöse waren um 32,9 % auf 1,1 Mio. Mark gestiegen, der Kostendeckungsgrad ohne Kapitalkosten lag bei 59,7 %. Auch wenn wir dann am 20. 12. 2001 den Haushalt ablehnten, so begrüßten wir gleichwohl die darin von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Werbemittel um 40 % als Schritt in die richtige Richtung.

Am 2. 7. 2003 wurde dann im Finanzausschuss der 4. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 2001 behandelt. Unser Ziel von 65 % Kostendeckungsgrad ohne Kapitalkosten wurde deutlich verfehlt, Der Grund: Die Einnahmen waren praktisch gleich geblieben, die Kosten aber um 12 % gestiegen. Das Leben wird eben teurer, erst recht im energieintensiven Aloha. Private Betreiber mit vollem Haus erwirtschaften sogar incl. der Kapitalkosten noch Gewinne.

Am 18. 2. 2004 wurde im Finanzausschuss der 5. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 2002 behandelt. Im Vergleich zu 2001 sanken die Einnahmen um 1 %, die Kosten stiegen um weitere 19 %. Der Kostendeckungsgrad ohne Kapitalkosten sank erneut um fast 8 Prozentpunkte auf 43.2 %. Nun sollte auch noch für 1 Mio. Euro die Sauna ausgebaut werden (unter dem erstmals direkt gewählten Bürgermeister erhöhten sich die Investítionskosten kurz nach dessen Dienstantritt im Juni auf 1,5 Mio. Euro). Unser Ziel der Deckung der laufenden Kosten durch die Benutzer rückte damit in immer weitere Ferne, und wer derart Geld "raushaut", nur um Steuern zu sparen, sollte daran denken, dass die Einwohner alle Steuertöpfe füllen müssen, egal, wo sie stehen, teilten wir in Erinnerung eines Leserbriefes aus der Anfangszeit im Ausschuss mit.

Im Jahr 2003 führte ein heißer August zu einem Rekordbesuch von 224 000 Besuchern im Erlebnisbad, so unser Kommentar zum 6. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 2003, gleichwohl führte dies lediglich zu einem leichten Anstieg des Kostendeckungsgrades ohne Kapitalkosten von 43 auf 45 Prozent. Praktisch unverändert die Lage im 7. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 2004. Der 8. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 2005 war lediglich ein Zwischenbericht - in diesem Jahr wurde massiv und unter Beeinträchtigung des normalen Betriebes an der Sauna gebaut. Allerdings gab die Verwaltung in der Sitzung des Finanzausschusses vom 6. 12. 2006 bereits eine Vorschau auf die Saunanutzung nach Einweihung der neuen Sauna Anfang des Jahres 2006. Diese waren von 17 000 Saunabesucher 2005 hochgerechnet auf ca. 26 000 Besucher 2006 gestiegen. Dies bestätigte unsere selbstverständliche Vermutung, dass sich die Investion von 1,5 Mio. Euro in die neue Saunalandschaft nicht rechnen würde.

Und so kam es auch: "Rekorddefizit nach Saunaerweiterung" übertitelten wir unseren Beitrag im Finanzausschuss vom 12. 12. 2007 zum 9. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 2006. Das Defizit des Aloha betrug 2 Mio. Euro, das Defizit ohne Kapitalkosten war von 755 000 Euro 2004 auf 1.1 Mio. Euro 2006 gestiegen, der Zuschuss ohne Kapitalkosten pro Besucher betrug 8 Euro und 58 Cent.

2007 war das Wetter schlecht, die Eintrittspreise blieben unverändert, der Wellnessbereich sollte weiter ausgebaut werden - der Kostendeckungsgrad sank mit 38.7 % auf ein Rekordtief ab. Kein Wunder eigentlich, dass die Verwaltung den Kostendeckungsgrad nun als "nur sehr eingeschränkt aussagefähig" empfand und im Geschäftsbericht 2007 nicht mehr angab: Augen zu? Darauf gingen wir selbstverständlich in unserer Stellungnahme zum 10. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 2007 vom 17. 9. 2008 im Finanzausschuss ausführlich ein. Erstmals seit 1989 floss wieder Geld aus der WiBO in den städtischen Haushalt - bei Aufrechterhaltung des Kostendeckungsgrades aus dem Jahr 2000 (59.7 %) hätten es sogar noch 433 000 € mehr sein können. Ein für den Ortsteil Lerbach bedeutsames Ereignis war die Schließung des dortigen Freibades zum Ende der Freibadsaison 2008, die wir am 11. Dezember 2009 im Finanzausschuss zum 11. Geschäftsbericht der WiBO für das Jahr 2008 auch ausdrücklich mittrugen - die notwendigen Sanierungskosten von mehr als einer halben Million Euro hätten in groteskem Mißverhältnis zur Besucherzahl dort gestanden. Allerdings stiegen im Aloha die Personalkosten um 114 000 Euro. Auch wenn durch Investitionen zur Steigerung der Energieeffizienz die Betriebskosten um 178 000 Euro sanken, so verharrte doch der Kostendeckungsgrad 2008 in der Nähe seines Rekordtiefs.

Zum Geschäftsbericht der WiBO für das Geschäftsjahr 2009 nahm ich am 25. November 2010 diesmal nicht im Finanzausschuss, sondern im Rat Stellung. Grund: Es ist der letzte Geschäftsbericht vor der Kommunalwahl 2011 und damit Zeit, eine Bilanz zu ziehen. Eine Bilanz der Jahre 2004 bis 2009, die der Bürgermeister zu verantworten hat und aus der die Wähler und damit dann der nächste Stadtrat Schlüsse ziehen können.

Die Geschäftsberichte der WiBO wurden in der Stadtratssitzung vom 27. Mai 1999 von der FWG-Fraktion angeregt, sie haben erhebliche Transparenz geschaffen; sie wurden nur von der FWG im Rat inhaltlich analysiert und thematisiert. Sollte die FWG dem nächsten Rat nicht mehr angehören (was ER und die Wähler verhüten mögen), so bricht die Reihe dieser Analysen hiermit ab. Ich finde, das ist ein guter Grund, auch eine Bilanz des gesamten Berichtszeitraumes zu ziehen. Vorsichtshalber, sozusagen.

Defizit und Besucherzahlen im 
Osteroder Erlebnisbad Aloha

Besucherzahlen und Zuschussbedarf (ohne Berücksichtigung der Kapitalkosten) des Osteroder Erlebnisbades Aloha

Der Graph zeigt:

  • Die Besucherzahlen haben sich kaum verändert, und dies trotz erheblicher Investitionen und Attraktivitätssteigerungen bei praktisch gleichbleibenden Besucherentgelten. Die Steigung der Regressionsgeraden bedeutet einen Zuwachs von 1050 Besuchern (5 Promille) pro Jahr.
  • Die Zuschüsse stiegen insbesondere nach dem Amtsantritt des Bürgermeisters im Juni 2004 drastisch an. Stichworte hier: Erhebliche Ausweitung der ursprünglichen Planungen für den Saunabereich und die Einrichtung eines Wellnessbereich.
Die Rede im Stadtrat zum Bericht 2009 zeigt auf, wieviele Millionen hier investiert wurden und vergleicht diese mit den Defiziten in den städtischen Haushalten dieser Jahre.

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